LUCA im INTERVIEW
Als Luca Rubinacci die Tür zu seiner Dachwohung in Mailand öffnet, frage ich, wie es ihm gehe. „Sehr gut, mein Freund, sehr gut. Komm rein.“ Maria, Luca’s Frau, kommt mit einem großen Lächeln und der umwerfend süßen Tochter Ines im Arm, herein. „Hast du das?“, frage ich unseren Fotograf Abraham, denn Momente wie diese muss man einfach festhalten.
Wir treffen Rubinacci in seinem Zuhause im Zentrum von Mailand am 21. September, um unser Fotoshooting am Comer See zu planen. Luca hat die verschiedenen Outfits dafür schon vorbereitet: Anzüge von seinem Großvater, Vater und eigene Kreationen. Alles ordentlich auf der Couch zurechtgelegt.
„Wow, die sind echt atemberaubend“, sagt Luca, als er die Jumper Boots in die Hand nimmt. „Super Arbeit. Und diese Loafer…Wow! Die werde ich ganz sicher sehr oft tragen. Tolle Leitung. Das Fotoshooting wird sicher super werden.“ Schreiben wir das nur, um MORJAS herauszuheben? Nein. Luca ist einfach so. Er ist authentisch. Entweder er steht voll und ganz hinter einer Sache oder er macht es gar nicht. Entweder liebt er eine Marke oder nicht. Er ist echt.
Ich fühle mich geschmeichelt von Luca. Er ist jemand, der nicht viele Kooperationen eingeht. Bevor wir (MORJAS) mit ihm erstmals im Mai 2019 zusammenarbeiteten, hatte Luca nur mit Patek Philippe und Hublot kooperiert. Ich fragte ihn, was ihn dazu bewogen hat, mit uns zusammen zu arbeiten. „Eure Marke, euer Geschäftsmodell, eure Qualität und die Tatsache, dass die Schuhe in Spanien produziert werden, das finde ich großartig“, sagt er. Was als Geschäftspartnerschaft begann, hat sich zu einer Freundschaft entwickelt. Luca ist ein Mensch, der sich um die Menschen um ihn herum kümmert. Als ich das letzte Mal in Mailand war, um andere Geschäfte zu erledigen, nahm mich Luca mit zu seinen Freunden und in sein Lieblingsrestaurant. Er ist jemand, der den Premierminister auf der Kurzwahltaste hat und weltweite Berühmtheiten kennt, die ihn bitten, ihre Kreationen zu machen. Was auch immer Luca tut – er tut es mit einer großen Portion Bescheidenheit. Er schöpft aus einer Art leitenden Kraft, egal was er tut. Und das Beste daran? Ich glaube, er weiß es selbst nicht. Diese Kraft ist einfach da. Wie ein Kompass.
Weiter geht es am Morgen danach Richtung Comer See.
Regentropfen tropfen. Wie kleine Luftblasen, gefüllt mit feuchtem und kühlem Wasser, prasseln sie auf die Straßen. Selbst der Regen hat in Italien einen schönen Touch. Sonnenstrahlen kämpfen sich durch die hellgrauen Wolken. Luca fährt in seinem britischen, grünen Range Rover vor. “Auf geht’s – Ziel Como!”. Wer glaubt, er hätte schon rasante Fahrten durch Städte wie Paris oder London erlebt, der liegt womöglich falsch. “Ich bin Neapolitaner. Das Fahren liegt uns im Blut.” Mit millimetergenauer Präzision steuert Luca das rollende Ungetüm durch die engen Gassen Mailands, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht. Ich glaube, er könnte das sogar mit verbundenen Augen.
Henrik: Ich fange jetzt an unser Gespräch aufzuzeichnen, ok?
Luca: Los geht es, mein Lieber.
Wie alt bist du?
Ich bin 38, aber fühle mich wie 20.
Familie?
Meine wunderbare Frau Maria und meine kleine Prinzessin, meine Tochter Ines.
Was isst du zum Frühstück?
Porridge mit etwas Obst. Manchmal einen Avocado-Toast. Außerdem etwas Avena (Hafer-) Milch. Sehr wichtig für die Gesundheit.
Lieblingskaffee?
Caffè Mauro. Das ist ein typischer Kaffee aus dem Süden Italiens. Er ist sehr lecker. Sehr stark. Ich trinke ihn gerne ohne Zucker.
Lieblingsgetränk für einen Aperitif?
Ahh Henrik. Du kennst das besser als jeder andere. Gin Tonic.
Heimliche Schwäche?
Ich bin jemand, der all die schönen und guten Dinge im Leben liebt. Du weißt schon, ich mag eben das Schöne. In allen Formen und Farben. Ich habe keine spezielle, heimliche Schwäche für etwas. Ich genieße gern alles, was um mich herum ist.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der zum ersten Mal in seinem Leben in einen Maßanzug investiert?
Man muss verstehen, dass man in etwas fürs Leben investieren. Es ist nicht etwas, das man nur kauft und trägt. Man kauft etwas, das ein Leben lang Teil der eigenen Garderobe sein wird. Man muss klug entschieden und dies als einen grundlegenden Teil einer wachsenden Garderobe sehen. Am besten legt man einen soliden Grundstein, auf den man aufbauen kann. Ein klassischer marineblauer Anzug ist der erste Schritt. Dann kann man von klassischen, vielseitigen Teilen zu einer persönlicheren, spezielleren Auswahl übergehen.
Wenn man in Maßanfertigung investiert, wächst sie, sie verändert sich nicht.
Ich habe Anzüge, die ich jetzt seit 20 Jahren trage. Und ich habe sogar eine Menge Anzüge von meinem Großvater und meinem Vater. Das ist das Beste daran, in Maßanfertigungen zu investieren. Es altert mit der Zeit und wird einfach besser und besser.
Mein Mentor, Sergio Loro Piana, Gott hab ihn selig, pflegte mir zu sagen, als ich 25 war: “Luca, ich kaufe Maßanzüge aus deinem Haus, nicht weil ich neue brauche. Sondern weil ich meine alten nicht verschwenden und abnutzen will.” Der Punkt ist, dass man, wenn man seine Maßanzug-Garderobe sorgfältig aufbaut, sich um alle Stücke mit Liebe und Sorgfalt kümmert. Schließlich will man nicht etwas bis zur Abnutzung tragen.
Mit Schuhen ist es das Gleiche. Sie sollten nicht einfach ein Paar Schuhe kaufen und immer das gleiche Paar tragen, weil sie dann abgenutzt sind. Sie müssen Ihre Schuhgarderobe kontinuierlich aufbauen, damit Sie verschiedene Schuhe für verschiedene Anlässe auswählen können. So altern sie mit der Zeit in Würde und Sie holen das Maximum an Schönheit und Qualität aus allem heraus.
Welchen Stoff würdest du für den ersten Maßanzug empfehlen?
Zweilagiges Hopfengewebe, für viele auch als Fresco bekannt (was eher eine Marke ist). Offene Weite Wolle. Knitterfrei. Funktioniert für viele Anlässe und wird ein Leben lang unverzichtbar sein.
Was ist ein unverzichtbares Kleidungsstück, das Sie immer mitnehmen, wenn Sie verreisen?
Ein blauer Blazer.
Welche Schuhe trägst du am liebsten im Herbst/Winter?
Ich gehe im Winter ziemlich oft in die Berge und trage dann am liebsten Stiefel. Und wenn es in der Stadt regnet, trage ich auch gerne Stiefel. Aber diese Loafer, die ihr mit der dünnen Gummisohle gemacht haben, sind perfekt. Sehr gute Kombination mit dem genarbten Leder und der Gummisohle. Sie sind ein bisschen wärmer und halten einen bei Regen trocken.
Was war der beste Rat, den du je bekommen hast?
Sei du selbst und habe ein gutes Gespür. Mein Vater hat mir das schon gesagt, seit ich ein kleines Kind war. Man kommt weit, wenn man nur einen guten Sinn, ein gutes Gespür hat. Es scheint einfach zu sein, einen guten, gesunden Menschenverstand zu haben – aber in Wirklichkeit ist es etwas, das man jeden Tag in sein Leben einbringen muss, so dass es sich mit der Zeit entwickelt. Erinnere dich einfach daran: “Ist das ein guter, gesunder Menschenverstand? Ergibt das Sinn?”. Das hilft mir in allem, vom Geschäft bis zum Privatleben.
Wenn du mit deinem zehn Jahre jüngeren Ich sprechen könnten, was würdest du diesem Luca sagen?
Mach weiter mit dem, was du tust. Ich mag das, was ich bis jetzt gemacht habe. Ich würde keinen der Fehler, die ich gemacht habe, ändern wollen. Natürlich habe auch ich Fehler gemacht, aber das sind gute Lehren, an denen man wachsen kann.
Mailand- Was muss man bei eine Besuch hier gesehen haben?
Es gibt eine Menge guter Sehenswürdigkeiten in Mailand. Eines der bemerkenswertesten Dinge ist “Il Cenacolo” (Das letzte Abendmahl von Leonardo da Vinci). Und das Gute während der Pandemie ist, dass kaum Menschen hier sind. Normalerweise muss man ein Jahr im Voraus buchen, aber jetzt klappt es drei Tage im Voraus, was fantastisch ist. Dies ist eines der bemerkenswertesten Gemälde der Welt und etwas, das einem wirklich den Atem raubt. Mailand ist wirklich das ganze Jahr über schön, aber im Sommer fahre ich lieber nach Neapel, das ist meine Heimatstadt.
Was inspiriert dich?
Alles. Alles, was ich sehe, inspiriert mich. Ein bisschen von hier und dort. Wenn ich spazieren gehe, kann ich ein kleines Detail sehen, das mich inspiriert. Das Schöne ist, zu verstehen, dass es in fast allem Schönheit gibt. Man muss nur die Augen offen halten und immer neugierig sein.
Stil-Ikone?
Eigentlich habe ich keine. Ich lasse mich gerne von allem inspirieren. Ich kann in alten Bildern etwas sehen, das mich inspiriert. Ich kann etwas in neuen Bildern sehen, das mich inspiriert. Aber ich mag es nicht, eine bestimmte Ikone zu haben, zu der ich aufschaue. Ich bin ich selbst und habe meinen eigenen persönlichen Stil.
Dein Name ist Luca. Hast du noch eine zweiten Vornamen?
Mein Name ist eigentlich gar nicht Luca! Ich bin Gennaro Rubinacci. Mein richtiger Name ist Gennaro. Es ist eine lustige Geschichte.
Gennaro ist der Name meines Großvaters und derjenige, der Rubinacci im Jahr 1932 gegründet hat. Als Neapolitaner ist es sehr üblich, dass man den gleichen Namen wie sein Großvater annimmt.
Mein Vater wollte mich Gennaro nennen, aber meine Mutter hat es gehasst. Sie hasste es absolut. Also hat mein Vater Gennaro als meinen Vornamen genommen, aber als er nach Hause kam, wurde meine Mutter super wütend und sagte: “OK, er wird Gennaro heißen, aber wir werden ihn Luca nennen”. Was also passiert ist, ist, dass sie wirklich nie Luca in meinen Pass oder in meine Dokumente eingetragen haben, also ist mein richtiger Name Gennaro – aber mein Spitzname und der Name, unter dem mich jeder kennt, ist Luca.
Das hat zu Problemen geführt, wenn Leute zum Beispiel Flugtickets auf Luca Rubinacci gebucht haben und wenn ich am Flughafen ankomme, kann ich nicht mitfliegen – weil Luca kein Name in meinem Pass ist, haha.
Wenn ich eines Tages einen Sohn bekomme, werde ich ihn Mariano nennen, weil das der Name meines Vaters ist. Aber meine Frau Maria hat schon gesagt, dass sie das nicht mag, also wird sie das Gleiche tun wie meine Mutter und ihn mit einem anderen Spitznamen nennen.
Erzähl mir ein bisschen mehr über die Rubinacci Familie.
Ich habe drei Schwestern. Meine Zwillingsschwester Chiara, die in London lebt und das Rubinacci-Geschäft in London leitet. Marcella und Alessandra leben in Neapel und leiten andere Teile des Unternehmens. Alle arbeiten im Familienunternehmen mit. Wir sind also vier Kinder und jeder arbeitet auf die eine oder andere Weise im Unternehmen mit.
Ich kümmere mich ums Marketing, die Kollektion und die Kunden, die eine Maßanfertigung wünschen.
Chiara managed das Geschäft in London und die Finanzen.
Marcella kümmert sich um alles rund um den E-commerce.
Alessandra managed den Store in Neapel, kümmert sich um die Qualitätskontrolle und die Kunden in Neapel, die eine Maßanfertigung wüschen.
Du hast eine tolle Frau, Maria, die aus Spanien kommt. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Ich habe eine Cocktail-Party gegeben und viele Freunde eingeladen. Einer meiner besten Freunde hat Maria mitgebracht und wir haben uns kennengelernt, also habe ich gesagt: “Was ist denn hier los? Wir müssen morgen zum Mittagessen gehen!”. Also haben wir zu Mittag gegessen, dann ein Eis, dann noch ein Mittagessen, dann ein Abendessen und dann haben wir schließlich geheiratet und haben jetzt eine wunderbare Tochter zusammen. Jetzt sind wir seit sieben Jahren zusammen.
Rubinacci wurde 1932 gegründet. Ich habe die Initialen “LH” in einigen deiner Anzüge gesehen. Was hat es damit auf sich?
Der König von Savoyen bat meinen Großvater, die besten Schneider in Neapel zu holen, um ihm Kleidung zu schneidern. Mein Großvater war ein Kunsthändler und hatte einen guten Geschmack, also wollte der König seine Meinung über Kleidung hören. Also beschloss mein Großvater, ein Atelier zu eröffnen. Aber er wollte nicht, dass sein Name auf dem Atelier steht, weil er sein Kunsthandelsgeschäft nicht mit dem Bekleidungsgeschäft in Verbindung bringen wollte. Deshalb kam er auf den Namen LH, der für “London House” steht. Und wie Sie auf dem Logo von LH sehen können, gibt es eine Krone und diese Krone wurde vom König von Savoyen im Jahr 1941 verliehen, nachdem er offizieller Lieferant der königlichen Familie wurde.
Was sind einige der Erfolgsfaktoren für Rubinacci? Welchen Rat würden Sie anderen Menschen geben, die ein Unternehmen führen und wachsen wollen?
Sei du selbst. Habe ein gutes Gespür. Schau dich um, so viel es geht. Sei neugierig. Lass dich inspirieren. Das ist wirklich das Wichtigste.
Wie schaffst du es Stress loszulassen und den Kopf frei zu bekommen?
Ich treibe sehr viel Sport. Ich liebe Kitesurfen, besonders in Galizien, wo meine Frau herkommt. Im Winter liebe ich das Snowboarden und ich gehe viel in die Berge. St. Moritz ist sehr schön. Wenn man diese Sportarten macht, ist man einfach im Jetzt und konzentriert sich auf nichts anderes. Das ist bei weitem meine liebste Art zu entspannen.
[Ich schaltet den Rekorder aus. Luca lächelt. Fährt auf die linke Spur und gibt Gas und murmelt: “Es wird ein sehr schöner Tag in Como. Sehr schön.”]
Unser Kampagnen-Shooting mit Luca fand im Mandarin Oriental am Comer See statt. Fotograf ist Abraham Engelmark. Kreative Leitung und Styling von Henrik Berg und Luca Rubinacci.